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Geschäftsbericht des "Fördervereins Neue Wege in Somalia" April 2007 bis März 2008
 
Zürich
Vorstandsarbeit des "Fördervereins Neue Wege in Somalia"
Im August 2007 ist Urs Markwalder unser Buchhalter und Vorstandsmitglied aus familiären und beruflichen Gründen zurückgetreten. Er hat stets gute Vorschläge eingebracht und verstand es sehr gut, unsere Arbeit den Leuten zu erklären. Ich danke ihm im Namen des Vorstandes nochmals für seine geleistete Arbeit.

Es hat sich als sehr schwierig erwiesen ihn zu ersetzen. Seit November waltet Hansueli Grüter als Buchhalter. Er hat gewünscht, nicht im Vorstand mitzumachen. Ihm danke ich, dass er trotz einigen Anfangsschwierigkeiten die Jahresrechnung für unsere Versammlung bereitgestellt hat. Sie wird wie im letzten Jahr erst nach der Jahresversammlung revidiert werden. Ich habe dem Revisor Balz Christen versprochen, dass wir im nächsten Jahr der Mitgliederversammlung eine revidierte Jahresrechnung vorlegen werden. Ich danke Hansueli herzlich für seine Arbeit.

An dieser Jahresversammlung verabschiedet sich Maya Joss als Vizepräsidentin und Kassiererin. Sie hat sich in unserem Verein seit seiner Gründung im Mai 2001 tatkräftig eingesetzt, nachdem sie schon Jahre vorher für Vre, ihre Mutter, gearbeitet hatte. Ich danke ihr im Namen des Vorstandes für ihre Arbeit, die sie mit grosser Zuverlässigkeit ausgeführt hat. Leider ist es bis jetzt nicht gelungen, eine (n) Nachfolger(in) zu finden. Es wäre schön, wenn auch Sie sich in ihrem Verwandten- und Freundeskreis umhören könnten. Unser Vorstandsmitglied Dr. Urs W. Etter stellt sich vorübergehend als Rechnungsführer zur Verfügung. Herzlichen Dank, Urs.

Vreni Gertsch, Urs Etter, Heiri Frei und Bashir Gobdon werden weiterhin im Vorstand bleiben. Vreni hat wiederum Finanzgesuche in Kirchgemeinden im Kanton Zürich und neu in der Stadt St.Gallen gestellt; es braucht immer mehr Überzeugungskraft, um zu Geld zu kommen. Ausserdem war sie dafür besorgt, dass der Bericht 2007 im letzten September erschienen ist. Urs Etter hat das Budget 2008 aufgestellt und Bashir Gobdon versuchte per Telefon mit seinen Landsleuten Missverständnisse zwischen Merka und Zürich auszuräumen. Heiri Frei schrieb die Protokolle und machte durch Artikel die Arbeit in Merka bekannt. Er hat bei der Vorbereitung der GV sehr viel mitgeholfen. Allen sei ganz herzlich gedankt.
Dr. Bigna Rambert, Psychiaterin, ist in diesem Winter zu uns gestossen, sie hat Vre seit den Zeiten des Plaffenwatzes (eine genossenschaftlich geführte Arztpraxis am Waffenplatz in Zürich) gekannt und geschätzt; sie möchte sich als Beisitzerin wählen lassen und wäre bereit mit mir dieses Jahr nach Merka zu reisen. Dabei könnte sie sich vor allem ein Bild vom Ambulatorium machen. Sie wird sich selber vorstellen, wenn wir zu den Wahlen kommen. Carine Zangerle, die eine Lizenziats-Arbeit über somalische Frauen in Zürich geschrieben hat wird ad interim, bis sie die Schweiz im Dezember dieses Jahres verlässt, in unserem Vorstand mitmachen. Wir konnten schon von ihren Computerkenntnissen Gebrauch machen, danke Carine.

Letztes Jahr haben wir wiederum von der Berti Wicke-Stiftung CHF 50'000.00 erhalten.
Die Stiftung Nord-Süd, die RogerHaus-Stiftung und die Kramer-Stiftung sind uns auch treu geblieben. Wir danken auch ihnen allen für ihre Unterstützung. In diesem Jahr müssen wir grosse Anstrengungen unternehmen, um neue Spender zu finden. Ich bin der Meinung, dass wir noch andere Stiftungen ausfindig machen sollten, die uns unterstützen.

Unser grösster Spender, die Berti Wicke-Stiftung und einige Vereinsmitglieder sind seit Jahren der Meinung, wir sollten uns einer Entwicklungsorganisation anschliessen oder noch besser die Tätigkeiten in Merka einer solchen Organisation übergeben, um uns von der Verantwortung für die Menschen in New Ways zu entlasten.. Leider sind wir bis heute nicht fündig geworden. Wir haben bei Ärzte ohne Grenzen, Caritas, Médecins du Monde Suisse, Solidarmed, Medico International angeklopft, ohne Erfolg. Sicher hängt dies mit der gefährlichen Lage in Somalia zusammen und damit, dass diese Organisationen selber mit ihren Projekten genug ausgelastet sind. Allenfalls wäre mit Caritas nochmals ein Gespräch aufzunehmen.

Mir scheint, dass wir zwei Dinge tun sollten: immer wieder die Leute von New Ways in Somalia auffordern, selber Partner, zahlende Partner zu suchen. Seit neustem unternimmt Prof. Roble, unser Leiter, auch grosse Anstrengungen in dieser Richtung. Und dann ist es wünschenswert, die Vorstandsarbeit hier in Zürich aufzuwerten, d.h. mehr im Team zu arbeiten, damit wenn jemand ausfällt der Vorstand nicht in Bedrängnis gerät. Ich habe mich entschlossen, mich weiter zur Verfügung zu stellen, und möchte darauf hinarbeiten, dass mein Abgang dannzumal keine Lücke hinterlässt. Unser Engagement in Merka braucht es nach wie vor, dringend. Die ganze Welt weiss, dass Somalia ein vergessenes Land ist, aber diejenigen, die das Sagen haben, kümmern sich nicht darum.

New Ways in Merka
Alle Einrichtungen von New Ways in Merka funktionieren nach wie vor, trotzdem sich in letzter Zeit immer wieder äthiopische Truppen in der Nähe von Merka aufgehalten haben und die Bevölkerung nie weiss, wann sie wieder kommen. Durch die Internetverbindungen können wir den Kontakt mit dem Leiter, Prof. Mohamed Roble aufrechterhalten. Maya Joss hat monatlich mit Bashir Zahlungen nach Merka überwiesen und monatliche Abrechnungen und Quittungen unseres Administrators, Salaad Guled erhalten.

Ambe Banaan (ein Dorf im Landesinnern ca 25 km nördlich von Merka)
Vor 2 Jahren hatten wir einen Betrag von USD 1908.00 für einen Gesundheitsposten in Ambe Banaan nach Merka geschickt, damit die Bevölkerung dieses Dorfes wenigstens die nötigste Gesundheitsversorgung erhält. Seit über einem Jahr wird im Ambulatorium dafür ein Sanitätsmann ausgebildet. Nachdem wir verschiedentlich nachgefragt hatten, was mit dem Bau dieses Postens geschehe, liess uns Prof. Roble wissen, dass der Bau nun 2008 wegen der Inflation das Doppelte kosten werde. Wir haben uns im Vorstand mit einer Gegenstimme dafür entschieden, den fehlenden Betrag zu überweisen. Kürzlich hat uns Prof. Mohamed Roble gemeldet, dass der Gesundheitsposten fertig gestellt worden ist und hat einige Fotos beigelegt.

Ambulatorium
Vor zwei Jahren machten wir New Ways den Vorschlag, das Sodis-Projekt (Trinkwasser- desinfektion mittels Petflaschen an der Sonne) als erstes im Ambulatorium und auch in den beiden Schulen anzuwenden. Mit grossem Elan wurde die englische Beschreibung ins Somalische übersetzt und handliche Zettel hergestellt. Seither waren wir nicht mehr in Merka; wir haben dann nachgefragt, ob jetzt diese Methode angewendet werde und haben leider keine klare Antwort erhalten. Diese Trinkwasserdesinfektions- Methode scheint aber in Merka doch Eindruck gemacht zu haben, hat jetzt Prof. Roble der OCHA, dem UNO-Büro für die Koordinierung der humanitären Angelegenheiten in Mogadiscio, einen Vorschlag zur Finanzierung der Anwendung dieser Trinkwasseraufbereitung, im grossen Stil, in verschiedenen Ortschaften um Merka unterbreitet. Der Vorschlag wurde aber von der OCHA abgelehnt. Dieses Beispiel zeigt, wie schwierig es ist von Zürich aus den Leuten in Merka vorzuschlagen, welche Projekte sie in Angriffe nehmen könnten. Es ist meines Erachtens unmöglich, sie von hier aus zu überzeugen, dass sie mit kleinsten Schritten anfangen müssten, machen sie doch immer wieder die Erfahrung, dass die meisten Organisationen und die UN-Organisationen, bürokratisch vorgehen und viel Geld einsetzen.
Hätten wir eine Person wie Vre in Merka es war, wäre sehr vieles einfacher. Es ist zu wünschen, wir könnten über dieses Sodis-Projekt direkt mit den Leuten reden, wenn wir in Merka sind.

Der Arzt, Dr. Mohamoud Hassan Abderrahmane, schickte uns auf Anfrage einen Bericht und hat versprochen, dreimonatlich eine Statistik und einen Bericht zu schicken. Ich kommuniziere mit dem Arzt jeweils in italienischer Sprache. Das Ambulatorium hat auch kleine Einnahmen von Leuten, die die Medikamente und die Behandlung bezahlen können. Im Februar 2008 waren es 253 USD, die dann wiederum für die Medikamentenbeschaffung für das Ambulatorium ausgegeben wurden.
Prof. Roble meldete, dass zwischen dem 1.Januar und dem 31. Dezember 2007 11'400 Patienten behandelt worden sind, davon waren 64% Kinder. Das New Ways Ambulatorium ist das einzige in Merka mit einem Kinderarzt.

Primarschule
Heute besuchen 602 Kinder die Primarschule, das sind 120 mehr als im Schuljahr 2006-2007. Davon sind 54% Mädchen Die Mädchen erhalten 3,6 Liter Öl am Ende des Monats vom Welternährungsprogramm (WFP). Diese Kinder werden von 14 Lehrerinnen und Lehrer unterrichtet. Prof. Roble hätte gerne noch mehr Lehrer angestellt, aber wir mussten ihm mitteilen, dass wir einfach die nötigen Finanzen nicht zur Verfügung hätten. Mangels Lehrpersonal wurde die non formal education, bei der Kinder verschiedenen Alters zusammen alphabetisiert wurden, im Dezember 2007 in die Primarschule integriert. Die Lehrer der non formal education geben jetzt auch Unterricht an der Primarschule, erhalten aber einen geringeren Lohn als die Primarlehrer. Ein Schulhausneubau wäre äussert dringend. Ich kenne die prekären Verhältnisse, es ist mir schleierhaft wie alle 602 SchülerInnen in diesem kleinen Schulhaus unterrichtet werden können, auch wenn sie zwei Schichten machen. Wir haben Prof. Roble schon mehrmals darauf hingewiesen, dass wir die finanziellen Mittel zu einem unbegrenzten Wachstum der Schulen nicht haben. Wir haben ihm empfohlen, sich mit der UNICEF in Verbindung zu setzen. Ich werde ihn immer wieder darauf ansprechen, weiss ich doch, dass er gute Beziehungen zu dieser Organisation hat.

Schulküche
Wir haben oft nachgefragt, ob die SchülerInnen jetzt am Mittag verköstigt werden können. Das Welternährungsprogramm (WFP) hat es übernommen die Schulküche zu finanzieren und zu erstellen. Die Küche existiert, aber die dazu gehörenden Utensilien fehlen leider noch. New Ways wurde versprochen, dass diese in kurzer Zeit geliefert werden. Im Moment hat die WFP sehr viel zu tun mit der Nahrungslieferung an die vielen Flüchtlingslager, die über ganz Somalia verstreut sind.

Alphabetisierungskurse für Mütter
Von Juli 2006 bis April 2007 lernten 800 Mütter lesen, schreiben und rechnen und erhielten vom Welternährungsprogramm dafür Öl und Reis. Prof. Roble hat die Erfahrung gemacht, dass Mütter, die alphabetisiert sind, den Sinn für die Schulbildung ihrer Kinder viel eher einsehen, als solche die nicht alphabetisiert sind. Jetzt hat die WFP einen 11 Monate dauernden Kurs für 1250 Mütter bewilligt. In diesen Kursen wird auch über die Mädchenbeschneidung gesprochen.

Sekundarschule
Heute besuchen 142 Schülerinnen und 293 Schüler die Sekundarschule, die von 14 Lehrern unterrichtet werden. (2001 waren es 14 Schülerinnen und 49 Schüler). 8 Schüler der 3. und 4. Sekundarschulklassen erhielten mit Hilfe der UNICEF ein 20tägiges Lehrertraining, um die Strassenkinder zu alphabetisieren, die jetzt auch die Primarschule besuchen. 4 Schüler konnten an die Universität Mogadiscio geschickt werden, wobei die Universitätsgebühren aus den Einnahmen der Sekundarschule stammen.

Leider ist es noch nicht gelungen, dass die Schüler und Schülerinnen nach der vier- jährigen Sekundarschule einen Beruf erlernen könnten. Berufslehren scheinen in Somalia nicht auf Anklang zu stossen, erfuhr ich doch bei meinem Besuch bei Caritas Schweiz in Hargeisa (Somaliland), dass ein grosser Komplex mit verschiedenen Lehrwerkstätten seit Jahren geschlossen ist, weil Caritas Schweiz mangels Eigeninitiative der Einheimischen kein Geld mehr gesprochen hat.

Sanitation
Seit Dezember 2007 arbeiten zehn Frauen mehr im Strassensäuberungsprojekt und verdienen 30 USD pro Monat. Es handelt sich um das "one day- one dollar" Projekt, über das wir mit Merka seit mehr als zwei Jahren mit News Ways diskutiert hatten. Dieses entspricht nicht ganz unseren Vorstellungen, aber bis jetzt scheint es gut zu funktionieren. Prof. Roble hat uns mitgeteilt, dass im Dezember im Vergleich zu den Vormonaten fast das zweifache Quantum an Abfällen hat beseitigt werden können.

Aids-Projekt in Zusammenarbeit mit Oxfam-Novib
New Ways wurde von dieser Organisation angefragt, ob sie nicht für drei Monate ein Projekt für HIV Infizierte und Aidskranke unterstützen könnten. Es gehe darum, sich um deren Ernährung, Kleidung und Transport zu kümmern. Das Projekt wird von Oxfam-Novib bezahlt. Übrigens sähe ich eine Möglichkeit zwecks Zusammenarbeit, die holländische Organisation Novib zu kontaktieren. Ich bin Vertretern dieser Organisation vor 2 Jahren in Merka begegnet und hatte einen sehr guten Eindruck. Sie haben damals auf dem Markt eine Fleischhalle erstellt.

Shalambood Flüchltlingslager
Seit Mitte Februar 2008 kümmern sich zehn Organisationen, die in Merka tätig sind um 3000 Flüchtlingsfamilien, die mehrheitlich aus Mogadiscio stammen. Es sind Flüchtlinge, die nach Kenia flüchten wollten, aber an der Grenze im Norden Kenias zurückgewiesen worden sind. Das Shalambood Flüchtlingslager befindet sich 10 km südlich von Merka. Mit der WFP wurde Ende Februar 2008 vereinbart, dass New Ways die Nahrung an die Flüchtlinge verteilen. Die WFP ist für die Nahrungsbeschaffung und die Kosten für die Nahrungsverteilung zuständig. New Ways haben Getreide, Öl und Hülsenfrüchte an 2967 Familien verteilt.

Komiteetreffen
Prof. Roble hat in einem seiner letzten Mails versprochen ab diesem Monat regelmässige Treffen zu organisieren. Seit einigen Jahren besteht ein solches Gremium, das sich aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Tätigkeitsbereichen von New Ways zusammensetzt. Ich kenne diese Leute und weiss, dass sie sehr gerne mitdenken und allenfalls mithandeln würden. Ich und andere Vorstandsmitglieder in Zürich könnten sich vorstellen, dass die Leitung von Prof. Roble in New Ways in Merka, durch einen zweiten Mitarbeiter erweitert werden könnte, um die grossen Aufgaben die sich stellen besser bewältigen zu können. Dies ist aber nur zu erreichen bei direkten Gesprächen mit Prof. Roble in Merka.

Trotz gewisser Schwächen, meine ich, ist es grossartig, dass sechs Jahre nach Vres Tod die Leute immer noch an der Arbeit sind in einem Land, das keine Regierung kennt, in einem Land, wo sich immer noch äthiopische Truppen im Verbund mit der provisorischen Regierung Kämpfe gegen die wieder auferstandenen Leute der islamischen Gerichte liefern, in einem Land das 1'000'000 Binnenflüchtlinge zählt.

Ich bin der Meinung, dass wir im Moment keine weiteren Projekte mehr initiieren sollten. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Schulen in Ambe Banaan und in Merka gut weiter geführt werden, dass das Ambulatorium gut funktioniert. Ich denke es wäre sehr dringend, dass wir im Laufe dieses Jahres nach Merka reisen könnten. Prof. Roble hat uns letzthin sehr darum gebeten. Dr. Bigna Rambert und ich wären bereit, im Sommer Merka zu besuchen. Von Angesicht zu Angesicht lassen sich Probleme besser lösen.

Es lohnt sich also, das Projekt weiterhin zu unterstützen. Ich danke allen für ihre Treue finanzieller und ideeller Art.

Jenny Heeb, März 2008

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